Autonomie mit viel Kleinwind

KWEA auf dem Dach der HTW in Berlin-Oberschöneweide, Quelle: Autor

KWEA auf dem Dach der HTW in Berlin, Quelle:© Autor

Weltweit wächst nicht nur die Zahl der großen Windenergieanlagen, sondern auch die der Kleinwindenergieanlagen (KWEA). Als Kleinwindenergieanlagen werden Anlagen bis 100 kW bezeichnet. Die kleinsten Anlagen werden zur Versorgung von Booten, elektrisch gesteuerten Verkehrsschildern oder Messstationen unabhängig vom Stromnetz betrieben. Mittelgroße KWEA können die Stromversorgung von Ein- und Mehrfamilienhäusern unterstützen. Kleinwindanlagen ab ca. 10 kW werden zur Versorgung von abgelegenen Dörfern, Forschungsstationen oder netzgekoppelt zur zeitweisen Versorgung von landwirtschaftlichen Betrieben und Gewerbebetrieben eingesetzt. Weltweit sind bereits 730.000 dieser kleinen Propeller im Einsatz. Sie spielen eine große Rolle, wenn es darum geht sich unabhängig selbst zu versorgen, ihr Anteil an der Stromproduktion ist aber eher unbedeutend. Ende 2011 war weltweit eine Nennleistung von ca. 576 MW installiert, was ca. 0.25% der Windkraftleistung und einem noch viel geringeren Anteil an der weltweiten Stromproduktion entspricht.

Die meisten dieser Kleinanlagen stehen in China und in den USA, in Europa wächst besonders der Markt in Großbritannien. Dort gibt es gleichzeitig gute Windverhältnisse und gute Förderbedingungen. In Deutschland gibt es keine besondere Förderung für KWEA. Wirtschaftlich sind bei uns die Anlagen nur, wenn an einem guten Standort ein hoher Anteil des Stroms durch Eigenverbrauch genutzt werden kann. Von den technischen Entwicklungen für den Eigenstromverbrauch auf dem Photovoltaikmarkt könnte auch die Kleinwindkraft profitieren, wenn der gegenüber der Windenergie höhere Einspeisetarif für Photovoltaik, auf für Strom aus Kleinwindkraftanlagen gelten würde. Noch kostengerechter, wäre allerdings die Möglichkeit, bei der Einspeisung den Verbrauchszähler rückwärts laufen zu lassen (sog. Net-Metering).

Die Frage, welche Rolle die Kleinwindkraft in Deutschland bei der zukünftigen Energieversorgung spielen wird, lässt sich nicht pauschal beantworten. KWEA eigenen sich, besonders im Zusammenspiel mit PV oder Kleinwasserkraftanlagen, zur Sicherstellung einer autonomen Energieversorgung. Sie ermöglichen es, die lokal vorhandenen Energiepotentiale optimal auszunutzen, sowohl für die Stromversorgung, als auch zur Wärmeversorgung, wenn der erzeugte Strom mittels Tauchsieder in heißes Wasser verwandelt wird. In städtischen Gebieten spielt die Autonomie eine geringere Rolle. Statt dessen ist allerdings der Platz, der zur regenerativen Energieversorgung zur Verfügung steht, sehr begrenzt. Besonders Hochhäuser haben nur eine sehr begrenzte verfügbare Fläche für Photovoltaik, bieten aber gute Bedingungen für Kleinwindkraftanlagen, wenn einige Regeln beachtet werden. Das Projekt Kleinwind im Urbanen Raum hat dazu mit Hilfe von Messreihen von sechs Berliner Standorten Handlungsempfehlungen erarbeitet, um Kleinwindkraftpionieren in der Stadt einen optimalen Ertrag zu ermöglichen.

Unsicherheit herrscht bei der Einschätzung der Emissionen, die von KWEA ausgehen. Bei vielen Anlagen, die von Billigherstellern auf dem Markt angeboten werden, fehlt eine verlässliche Schallvermessung der Anlage. Die Erfahrungen einiger betroffener Anwender zeigen, dass solche Modelle bei stärkeren Winden extrem laut werden können. Doch gleichzeitig etablieren sich seriöse Hersteller durch verlässliche Zertifizierung der Anlagenleistung und -lautstärke. Das Internet-Portal www.klein-windkraftanlagen.com hat Kriterien entwickelt, wie seriöse von unseriösen Herstellern unterschieden werden können. Auf dieser Basis wurde ein Marktreport herausgebracht und gleichzeitig eine Liste von sieben deutschen Herstellern veröffentlicht, die aus Sicht der Autoren zuverlässige Anlagen in Deutschland produzieren. Auch wenn gerade bei Kleinwindkraftanlagen die unterschiedlichsten Formen und Typen angeboten werden, findet sich in dieser Liste (noch) kein einziger Hersteller, der von der klassischen Form der Windenergieanlagen mit horizontaler Drehachse abweicht.

Neben der unzureichenden Vergütung ist die von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Genehmigungspraxis in Deutschland ein Hemmschuh für einen verbreiteteren Einsatz von Kleinwindkraftanlagen. In einigen Bundesländern sind zwar Anlagen bis 10 m Gesamthöhe genehmigungsfrei, doch da der Ertrag besonders von der Höhe der Anlage abhängt ist auch für höhere Anlagen ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren mit geringen Kosten notwendig. Dann könnten Natur und Nachbarn geschützt werden, ohne dass dem Betreiber Kosten entstehen, die einen wirtschaftlichen Betrieb der Anlage unmöglich machen.