Mitte Mai wird das Solarflugzeug Solarimpulse 2 der Pioniere und Piloten Bertrand Piccard und André Borschberg zum ersten Testflug abheben. Es soll 2015 die Welt umrunden: Ohne Treibstoff, nur mit Sonnenenergie. Am neunten April wurde das Flugzeug in Payerne in der Schweiz der Öffentlichkeit vorgestellt.
Um allein mit der Kraft der Sonne in die Luft gehen zu können, ist Pioniergeist wie in den Anfangsjahren des Fliegens gefragt. Den beschworen Piccard und Borschberg auf der Enthüllungsveranstaltung im Hangar des Flugplatzes Payerne vor mehreren hundert geladenen Gästen und Sponsoren. Die perfekt inszenierte Show der Initiatoren offenbarte, welche menschlichen Qualitäten für ein solches Projekt notwendig sind. Die beiden Pioniergeister sind viel mehr als nur Abenteurer und Piloten. Sie sind gleichzeitig auch Manager, Entertainer, Konstrukteure und echte Führungspersönlichkeiten. Das zeigt die Geschichte des Solarfliegers.
Geht nicht, gibt’s nicht
Vor 12 Jahren, als Piccard und Borschberg starteten, hielten die angesprochenen Unternehmen aus der Flugzeugindustrie das Projekt für unmöglich. Da es niemanden gab, der den Beiden ein Solarflugzeug bauen oder auch nur planen konnte, entschlossen sie sich, es selbst selbst anzupacken. Dazu stellten sie ein hoch qualifiziertes und motiviertes Team zusammen, das mittlerweile 80 Personen umfasst. Nun stehen sie kurz davor ihre Vision einer Weltumrundung mit einem Solarflugzeug Wirklichkeit werden zu lassen. Dieses Projekt ist nicht nur ein ingenieurtechnischer Geniestreich, sondern auch finanzieller Kraftakt, der eine unerschütterliche Überzeugungskraft der Initiatoren benötigt.
Das Projekt funktioniert durch die geschickte Einbindung von Sponsoren, die nicht nur Geld gaben und Personal freistellten. Sie fungierten darüber hinaus auch als Zulieferer und entwickelten wichtige Bauteile für das Fluggerät, ohne die der Traum der Weltumrundung vermutlich wie eine Seifenblase zerplatzt wäre. Die speziell für Solarimpulse entwickelte Satelliten-Antenne des Sponsors Swisscom ist ein beeindruckendes Beispiel: Sie wiegt nur 5 Kilogramm und verbraucht maximal 50 Watt, um dem Piloten eine reibungslose Kommunikation mit dem Boden zu ermöglichen. Das Produkt wird sicher noch mehr Interessenten finden und damit auch für den Sponsor ein Gewinn sein.
Nutzen für den Klimaschutz noch theoretisch
Trotz Effizienzsteigerungen nehmen die Klima erwärmenden Emissionen des Luftverkehrs zu. Aufgrund der stabilen Zuwachsraten im Flugverkehr sind sie inzwischen eine relevante Größe für den Klimaschutz. In Deutschland wurden von der Lufthansa in den letzten Jahren zwar eine Reihe von Testflügen mit Biosprit erfolgreich absolviert. Doch die Kosten und die mangelnde Verfügbarkeit von Biosprit lassen diese Idee für die breite Anwendung wenig nachhaltig erscheinen. Auch der Versuch der EU, den internationalen Flugverkehr in den, ohnehin wenig effektiven, Emissionshandel einzubeziehen, scheiterte.
Impulse für bahnbrechende ökologische Innovationen im Flugverkehr kommen derzeit weder aus Brüssel, noch werden sie aus den Forschungsabteilungen von Airbus oder Boeing erwartet. Auch das Projekt der beiden Flugpioniere hat noch einen weiten Weg zurückzulegen. Wie lange es dauern wird, bis solar angetriebene Flugzeuge eine Rolle im Flugverkehr spielen können, liegt im spekulativen Bereich. Der erste Flug der Gebrüder Wright ist gerade einmal 111 Jahr her. Die Entwicklung des Flugverkehrs bis heute konnte damals niemand erahnen. Daher kann der zukünftige Nutzen dieses Solarflugzeugs gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Solarimpulse 2 – Konstruktion und Rollout, Quelle: ©Solarimpulse|Revillard-Merz|Rezo.chWeltumrundung erfordert mehr Verlässlichkeit
Bereits das Vorgängermodell Solarimpulse SI-A gewinnt seine Energie ausschließlich durch die auf der Flugzeughaut integrierten Solarzellen, die auch die mitgeführten Batterien speisen. Mit einem erfolgreich absolvierten 24-Stunden-Flug konnten die Konstrukteure vor vier Jahren erstmals nachweisen, dass Fliegen ausschließlich mit der Kraft der Sonne auch in der Nacht möglich ist. Trotzdem war der Prototyp im besten Sinne ein Schönwetterflugzeug, das nicht nur vom Sonnenschein, sondern auch von mäßigem Wind abhängig war. Die Erkenntnisse aus den Flugerfahrungen mit dem Prototyp sind in die Solarimpulse 2 eingeflossen. Die höhere Verlässlichkeit des neuen Modells dient auch der Sicherheit des Piloten.
Solarimpulse 2 hat eine Spannweite von 72 Metern, ist also etwa so breit wie eine Boeing 747. Gegenüber dem Prototyp bedeutet dies einen Zuwachs um acht Meter. Trotzdem wiegt das Flugzeug mit 2.300 Kilogramm nicht mehr als ein VW Tuareg. Am ganzen Flugzeug wurde extrem leichte Karbonfaser eingesetzt, um das Flugzeug trotz der weit gespannten Flügel stabil und leicht bauen zu können. Auch die 18.000 Solarzellen mussten zugleich so dünn und so effizient wie möglich sein. Die vier Elektromotoren des Propellerantriebs sind extrem sparsam und arbeiten mit einer Effizienz von 94 Prozent. Sie ermöglichen eine maximale Geschwindigkeit von 140 Kilometer pro Stunde, die aber nur in 8000 m Höhe erreicht wird. Die geplante Flugdauer für das 35.000 Kilometer Flugabenteuer Weltumrundung ist etwa 3 Wochen, denn über dem Boden werden maximal 90 Kilometer pro Stunde erreicht, ohne Gegenwind.
Herausforderung Pazifiküberquerung
Kritisch ist die Überquerung des Pazifiks, die in jedem Fall fünf Tage und Nächte ohne Zwischenlandung erfordert. Nicht nur für die Technik, sondern vor allem für den Piloten, der das Flugzeug allein fliegen muss, eine extreme Herausforderung. „Die Solar Impulse 2 hat eine praktisch unbegrenzte Reichweite, wir müssen jetzt sicherstellen, dass auch der Pilot so fit wie sein Flugzeug ist. Deshalb ist die Weltumrundung eine ebenso menschliche wie auch technologische Herausforderung,“ sagt Borschberg. Um dem Piloten Konzentration und Entspannung zu ermöglichen, wurde das Cockpit vergrößert und komfortabler ausgestattet. Die trotzdem nur 3,8 Kubikmeter große Kabine (das Volumen entspricht einem Würfel mit 1,56 Meter Kantenlänge) ist vollgestopft mit neuster Technik und für 8.000 m Flughöhe ausgelegt. Auf eine Druckkabine oder eine Heizung wurde jedoch zur Energie- und Gewichtseinsparung verzichtet.
Interessant: Die Geschichte der Solarluftfahrt
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