In fünf Tagen startet im nordaustralischen Darwin das wichtigste Autorennen für Solarautos, die „World Solar Challenge“ (WSC). Das Rennen führt vom 18.-23.10.2015 über 3000 km bis nach Adelaide im Süden des Kontinents. Die letzten zwei Jahre haben insgesamt 48 Teams hinter verschlossenen Türen daran gearbeitet die neuste Solartechnologie auf die Straße zu bringen.
Doch seit dem Sommer haben fast alle teilnehmenden Teams ihre geheimen Werkstätten geöffnet und die neuen solaren Rennfahrzeuge der Öffentlichkeit vorgestellt. Die meisten Fahrzeuge sind schon vor Ort, denn ab Dienstag beginnen bereits die Rennzulassungsprüfungen und ab Samstag die Trainingsläufe, die über die Startreihenfolge entscheiden. Besonders aufschlussreich für den Betrachter aus der Ferne sind die 12 Fahrzeuge der Cruiser-Klasse.
Dort lässt sich der Entwicklungsfortschritt nicht nur an der Solartechnologie messen, sondern auch an der Karosserie und dem Innenraum. Das 2013 Gewinner-Team aus Eindhoven/NL wirbt mit einem „Energie positiven Familien Auto“, das mit den integrierten Solarzellen auch bei holländischem Wetter über das Jahr gerechnet mehr Strom erzeugen kann, als das Fahrzeug üblicherweise zum Fahren benötigt. Stella-Lux hat eine Straßenzulassung, vier Sitzplätze und eine Reichweite von 800 km.
Teilnehmer treten in drei Rennklassen an
In der Cruiser-Klasse ist die Straßenzulassung Pflicht, genauso wie mindestens zwei Sitzplätze. Die zwölf Teams dieser Rennklasse sind Fahrzeugbau-Studenten aus aller Welt. Aus Europa sind Solarautos aus den Niederlanden, Polen, England der Türkei und Deutschland am Start. Asien ist mit Teams aus Hongkong, Iran, Singapur, Indonesien und Japan vertreten. Amerika und Australien schicken jeweils ein Fahrzeug ins Rennen. In der Challenger Klasse findet man die reinrassigen Solar-Rennautos. Mit 32 Startern ist sie die beliebteste Rennklasse. Hier muss der Fahrer üblicherweise mit einem minimierten Cockpit auskommen, denn die Aerodynamik der superflachen Rennflundern duldet nur einen kleinen Ausguck für den Fahrer. Die Rennleitung achtet allerdings darauf, dass der Fahrer eine gute Rundumsicht hat und seine Kabine im Havariefall zügig und ohne Hilfe von außen verlassen kann. Schließlich gibt es noch die Adventure-Klasse mit vier Teilnehmern, bei der auch dreirädrige Boliden zugelassen sind. Hier zählt das olympische Motto dabei sein ist alles.
3000 km ohne einen Tropfen Sprit
Die WSC ein Straßenrennen, bei dem die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht überschritten werden darf. Die 3000 km lange Strecke quer durch die Australische Wüste wartet mit Besonderheiten auf, die nicht unterschätzt werden dürfen. Sie wird von Road-Trains genutzt, Lastwagen mit mehreren Anhängern und einer Länge von bis zu 53 Metern, die mit bis zu 100 km/h unterwegs sind. Dabei überfahren sie leider auch Kängeruhs und andere Wildtiere, die von den Begleitteams der Rennfahrzeuge rechtzeitig beiseite geräumt werden müssen, damit die flachen Solarautos nicht beim Überfahren der Kadaver beschädigt werden. Nach Sonnenuntergang darf nicht gefahren werden. Die Fahrzeuge gehen mit einer geladenen Batterie an den Start, dürfen aber während des Rennens nur den selbsterzeugten Sonnenstrom nutzen. In der Cruiser-Klasse darf in Alice Springs auf der Hälfte der Strecke ein einziges Mal über Nacht aufgeladen werden. Die Batteriegröße ist jedoch streng limitiert und wer beim Ladevorgang weniger laden muss, bekommt Bounspunkte.
Abenteuer pur
Viel hängt von einem guten Energiemanagement der Teams ab. Denn eine hohe Geschwindigkeit verbraucht viel Energie, die nicht immer ausreichend vorhanden ist. Denn die Wetterkonditionen auf der Strecke sind tückisch. Wind, Sandstürme, Buschbrände, aber auch Wolken und Regen verlangsamen die Fahrt oder verdunkeln die Sonne und haben die Teilnehmer der letzten Jahre immer wieder vor unerwartete Herausforderungen gestellt. Jeden Abend um 17:OO Uhr wird der Renntag beendet, wo immer das Team sich gerade befindet. Übernachtet wird im Outback, weshalb jedes Team in der Wüste voll überlebensfähig mit Zelten und Nahrungsmitteln ausgestattet sein muss. Das wird durch die Begleitfahrzeuge sichergestellt. Dort muss auch Platz für Werkzeuge und Ersatzteile und unbedingt ein Sitz für den von der Rennleitung zugewiesenen Schiedsrichter vorgehalten werden. Schiedsrichter müssen vom Team mitversorgt werden. Gruppen mit schlecht ausgestatteter Küche riskieren nicht nur einen bröckelnden Teamgeist, sondern auch einen schlecht gelaunten Schiedsrichter.
Live Info
Wer das Rennen im fernen Australien verfolgen will, dem sei die Seite solarracing.org oder Scientific Gems mit seinen umfangreichen Analysen wärmstens empfohlen. Auf den offiziellen Seiten der Veranstalter sollte man (hoffentlich) den jeweiligen Stand des Rennens mit Hilfe der GPS-Tracker der Fahrzeuge im Internet verfolgen können. Darüber gibt ein Sozial-Media-Hub eine Übersicht über Meldungen auf Twitter und Facebook gibt, die Fans und Teammitglieder aussenden. Diese sind meist deutlich aktueller, als der Veranstalter sein kann. Wer nicht jede Nacht das Rennen am Rechner das Rennen verfolgen kann oder will, kann sich über den Video-Podcast des Veranstalters informieren, der am Beginn und Schluss eines jeden Renntages die Ereignisse zusammenfasst. Das Sunriser-Team der Hochschule Bochum schreibt gute Tageszusammenfassungen auf deutsch, auch schon jetzt in der Vorbereitungszeit. Die mediale Berichterstattung ist von Rennen zu Rennen besser, aber auch aufwändiger geworden, wie die Grafik des Konvois vom Solar Team Twente eindrucksvoll dokumentiert. Nicht nur das SunRiser-Team aus Bochum hat eigene tägliche Videopodcasts angekündigt, so dass es für die Zuschauer aus der Ferne problemlos möglich sein wird das Rennen aus vielen verschiedenen Perspektiven zu verfolgen.
Die Fotos auf dem Slider sind mit den jeweiligen Teamseiten verlinkt.
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