Nach fünf Tagen und Nächten ohne Stopp allein in der Luft ist Pilot André Broschberg vor einer Woche sicher auf Hawaii gelandet. Dieser Weltrekord ist eine fliegerische und menschliche Meisterleistung. Er ist aber auch ein Aufbruchssignal für eine technische Revolution, denn das viermotorige Solarflugzeugs Solarimpulse II hat die Distanz von 7112 km gänzlich ohne Treibstoff überwunden.
„Ich habe den Flug genossen und hatte unglaubliche Glücksgefühle“, sagte Broschberg nach der Landung auf dem Flughafen in Honolulu, mit der die achte und längste Etappe der Weltumrundung vollendete. Yoga und Selbsthypnose halfen ihm, in einem hutschachtel-großen Cockpit die 118-stündige Anstrengung zu überstehen. Der verstellbare Pilotensitz war die einzige Bewegungsfreiheit und Ruhephasen von maximal 20 Minuten mussten den Schlaf ersetzen. In über 8000 m Höhe bei Außentemperaturen von -20°C sicherten ihm die Isolierung der Kabine, ein schützender Spezialanzug und eine Sauerstoffmaske das Überleben. Auch Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme sowie deren Abgabe musste auf dem Pilotensitz erfolgen, der natürlich extra dafür konstruiert wurde.
Diktat der Sonne
Neben der menschlichen war der Flug aber auch eine technische und logistische Herausforderung. Da die Solarimpulse II nur mit Solarenergie fliegen kann, muss sie tagsüber mit Sonnenlicht die Batterien aufladen. Jeden Morgen stieg sie von 2000 auf 8000 m Höhe auf, um nach Sonnenuntergang mit vollen Batterien und sparsamer Propellerdrehzahl wieder in den Sinkflug überzugehen. Morgens, wenn die Batterien durch den Energieverbrauch des Nachtflugs fast vollständig entladen waren, war der Pilot auf die „Betankung“ durch die Sonne angewiesen. Die Reserve in der Batterie hätte dann nur noch für etwa eine Stunde Motorflug gereicht. Das extrem leichte Flugzeug vom Gewicht eines größeren PKW ist mit seiner Spannweite von 72 m auch sehr windanfällig. Gegenwind bremst die ohnehin nicht allzu große Geschwindigkeit von maximal 90 Kilometer pro Stunde schnell ab. Besonders beim Starten und Landen ist der Pilot auf schwache Winde angewiesen. Das macht den Pilot abhängig von sehr genauen Wetter- und Windprognosen.
Kontrollcenter in Monaco
Für die notwendigen Flugwetterprognosen während der Weltumrundung reichen die normalen Wetterdienste nicht aus. Das durch Prinz Albert von Monaco unterstützte Kontrollcenter in Monaco gleicht verschiedene Wetterinformationen miteinander ab und berechnet daraus exakt Flugroute, die Flughöhe, den Energieverbrauch, die Batterieladung und die verfügbare Sonnenenergie. Im konkreten Fall der Pazifiküberquerung musste dies fünf Tage im Voraus geschehen. Die ursprünglich von Nanjing/China geplante Pazifiküberquerung musste in Nagoya/Japan wegen sich ändernder Wetterverhältnisse unplanmäßig unterbrochen werden. Dort musste das Team lange auf halbwegs günstige Wetterverhältnisse warten. Zwei schon angekündigte Starttermine mussten im letzten Moment abgebrochen werden. Der Start des nun erfolgreichen dritten Versuchs war mit so viel Unsicherheiten verbunden, dass er nicht vorab bekanntgegeben wurde. Schon nach einem Tag Flugdauer war die Rückkehr wegen schlechter Wetterverhältnisse in Japan nicht mehr möglich, während die nächstmögliche Notlandepiste auf der Route noch 48 Stunden entfernt war. Für den Pilot war auf eine sichere Kommunikation mit dem Kontroll-Center in Monaco überlebenswichtig. Während des Flugs musste das Solarflugzeug mehrfach Warteschleifen fliegen, damit herannahende Schlechtwetterfronten punktgenau überflogen werden konnten. Gleichzeitig musste in komplexen Berechnungen für den Piloten die Fluggeschwindigkeit bzw. der Energieverbrauch so variiert werden, dass die Batterien nicht durch zu schnelle Aufladung überhitzen konnten.
Sichere Landung nach Blindflug
Fotos vom Flug von Nagoya nach Hawaii,
Fotos:©SolarImpulse|Revillard|Rezo.chPilot André Broschberg muss unendliches Vertrauen in das Team vom Monaco Control Center haben. Er konnte nicht nach Kompass und Sicht navigieren, sondern musste sich blind auf die Anweisungen aus dem fernen Monaco verlassen. Selbst am Schluss des Rekordflugs, als Broschberg nach viereinhalb Tagen Non-Stop-Flug übermüdet über Hawaii schwebte, konnte er wegen zu starken Winden nicht landen und musste über der Insel kreisen. Das allwissende Flugkontrollzentrum am Mittelmeer wusste, dass die Winde gegen Morgen nachlassen würden und schickte Broschberg in eine letzte Warteschleife. Dieser nutzte die Schleifen für ein Nickerchen legte am frühen Morgen voll konzentriert eine perfekte Landung hin.
Bevor er aussteigen konnte erhielt Broschberg noch auf dem Flugfeld eine Massage zur Aktivierung der Beinmuskulatur. Danach stand er mir erstaunlicher Energie den zahlreichen Medienvertretern Rede und Antwort. Geduldig beantwortete er -mit seinem Projektpartner Bertrand Piccard an der Seite- Fragen zu seinem Flugabenteuer und den menschlichen und technischen Herausforderungen. Dabei ließen die Beiden nicht locker darauf hinzuweisen, dass mit dem Versuch der Weltumrundung auch eine politische Botschaft verbunden ist: „The future is clean“ lautet die Botschaft der beiden Flugpioniere. Sie möchten mit dieser Botschaft Zuversicht für die Klimakonferenz im Dezember in Paris verbreiten, dass die Technologien zur Begrenzung der Erderwärmung zur Verfügung stehen. Konkret kann jedeR den die beiden solaren Luftfahrtpioniere mit der Solarimpulse II begeistert haben, der Initiative anschließen und so dem Klimaschutz auf der Welt Rückenwind verleihen.