Solarthermieanlagen sind zuverlässiger und kostengünstiger geworden. Darüber hinaus sorgt eine verbesserte staatliche Förderung dafür, dass sich die Investition in Solarthermie schneller bezahlt macht: Bis zu 200 € pro Quadratmeter Kollektorfläche oder eine ertragsbezogene Vergütung werden gewährt. Die Anwendungsmöglichkeiten für die Nutzung der Sonnenwärme haben sich verbessert. Die Branche hat Erfahrungen gesammelt und neue interessante Produkte entwickelt. Sie ermöglichen der Solarthermie-Branche neue Verbrauchergruppen zu erreichen und die Schwächen der Vergangenheit zu überwinden.
Klassisch erwärmt eine Solarkollektor auf dem Dach Wasser zur Warmwasserversorgung in einem Einfamilienhaus. Auch die Heizungsunterstützung gehört schon länger zum Leistungsspektrum. Doch inzwischen kann die Solarthermie mehr: Sie kann auch Prozesswärme für die Industrie, Kälte für die Klimatisierung von Gebäuden und sogar Fernwärme bereitstellen. Weil das Speichern von Wärme günstiger ist, als das Speichern von Strom, kann die solar erzeugte Wärme problemlos nachts, an Regentagen und zur Heizungsunterstützung genutzt werden. Ungenutzte Wärme im Sommer richtet in den neuen Solarthermie-Systemen keinen Schaden mehr an, sondern steht idealerweise Monate später im kalten Winterhalbjahr zur Heizungsunterstützung bereit. Neue Solarthermieanlagen sind exakt konfigurierbar und ihr Ertrag messbar. Sie zeigen, dass man mit der Sonne Wärme wirtschaftlich erzeugen kann.
Zäher Lernprozess trägt Früchte
Um die Wirtschaftlichkeit einen Solarthermieanlage berechnen zu können, sollte man seinen Wärmeverbrauch kennen. Denn in der Regel werden durch die solare Wärmeerzeugung Kosten eingespart, aber keine Einnahmen erzielt. Auf Nachfrage, können wenige Besitzer einer solchen Anlagen Auskunft darüber geben, wie viel sie einspart. Wer einen x-beliebigen Heizungsmonteur fragt, ob es sich lohnt eine Solarthermieanlage auf dem Hausdach zu installieren, bekommt häufig den Rat die Finger davon zu lassen. Fast jeder Handwerker weiß eine Geschichte zu erzählen, wie teuer und reparaturanfällig Solarthermie ist.
Das Traurige dabei: Bei der Installation und Nutzung von Solarthermieanlagen wurde in der Vergangenheit tatsächlich viel falsch gemacht. Zu oft konnte die von den Anlagen produzierte Wärme schlicht nicht ausreichend genutzt werden. Warmwasser, dass die aufgehende Sonne um neun Uhr erwärmt hat, nutzt nichts, wenn die Bewohner um acht das Haus verlassen haben. Wenn tagsüber Geschirrspüler und Waschmaschine warmes Wasser benötigen, es aber mit Strom erwärmen, bleibt die zur Verfügung stehende Wärme aus den Sonnenkollektoren ungenutzt. Das gleiche Ergebnis wird erzielt, wenn z.B.die Umwälzpumpe die die Wärme aus den Kollektoren zum Duschwasser bringen soll, defekt ist, ohne dass es jemand bemerkt. Denn selbstverständlich springt dann im Keller konventionelle Heizungsanlage an, so dass sich der Verbraucher unter der Sonnendusche wähnt, während in Wahrheit der Gasbrenner die Wärme erzeugt hat. Diejenigen, die nachrechnen, sind jedoch meist zufrieden mit der Kostenersparnis ihrer Solarthermieanlage. Die gute Nachricht dazu: Auch die Optimierung von alten Solarthermieanlagen wird vom Staat gefördert.
Solfood statt Soulfood
„SolFood“ ist kein Tippfehler, sondern ein Projekt der Uni-Kassel für die Lebensmittelindustrie, um solare Wärme kostengünstig in Produktionsprozesse einzubinden. Damit wird es Unternehmern einfach gemacht, die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der solaren Wassererwärmung und deren Kostenersparnis zu entdecken. Die Brauerei Hütt in Nordhessen hat dies erkannt und erfolgreich umgesetzt. Effizienzmaßnahmen, verbunden mit einer 155 m² Solarthermieanlage mit Flachkollektoren wurde voll in das System integriert. Mit einer Investition von knapp 100.000 € wird Jahr für Jahr der Wärmebedarf von 30 Einfamilienhäusern eingespart, was immer noch weniger als 10 % des Brauereibedarfs ausmacht. Der Erfolg der Maßnahme wurde im Anschluss überwacht und die Anlage weiter optimiert.
In Molkereien, Schlachtbetrieben, der Obst- und Gemüseverarbeitung, bei der Süßwarenproduktion und selbst bei der Herstellung von Mineralwasser und Erfrischungsgetränke haben die Kasseler großen Wärmebedarf identifiziert, der sich mit solarthermischen Anlagen kostengünstig produzieren lässt. Bei Amortisationszeiten von unter 5 Jahren und Energiekosten, die bis zu 8 Prozent der Produktionskosten ausmachen verspricht diese Technik eine handfeste Kostenersparnis. Auch die Brauerei Göss in Österreich und die Hofmühl-Brauerei in Eichstätt setzen auf Solarenergie. Letztere nutzt über 800 m² Vakuum-Röhren-Kollektoren, die Wasser auf bis zu 110°C erhitzen können. Um die Sonnenwärme optimal nutzen zu können, hat sie die Bierproduktion so umgestellt, im Sommer doppelt so viel Bier gebraut wird wie im Winter und an sonnigen Tagen mehr als bei Regenwetter. Zusammen mit Effizienzmaßnahmen konnte die Hofmühl-Brauerei eine Primärenergieeinsparung von 60% realisieren. Die beiden deutschen Pilotprojekte wurden vor fünf Jahren realisiert, so dass inzwischen ausreichend Projekterfahrung vorliegt, um die Kosten verlässlich kalkulieren zu können. Ähnliches gilt für die Projekterfahrungen mit solar erzeugter Prozesswärme in Wäschereien, die sich seit fünf Jahren im Praxistest bewähren.
Kühlende Sonne
Als das Umweltbundesamt (UBA) vor 10 Jahren auf dem Neubau in Dessau eine solare Gebäudekühlung installierte, hielten viele das für eine technische Spielerei, die sich kein normal sterblicher leisten kann. 2004 waren in Europa erst 30 solar gespeiste Kälteanlagen installiert. Doch wegen des großen Bedarfs an Kühlung, besonders in Ländern mit heißerem Klima ist die Technik schnell zur Marktreife entwickelt worden. Das Einsparpotential ist auch in Deutschland gigantisch: Von 21 Terrawattstunden (TWh) Stromverbrauch für Kühlung von Gebäuden in Deutschland könnte laut UBA etwa ein Drittel durch Solar betriebene Ab- oder Adsorbtionskälteanlagen in Kombination mit passiven Wärmeschutzmaßnahmen eingespart werden. Die Einsparung an Strom entspricht dem Jahresverbrauch von ca. 1,5 Mio vier Personen Haushalten. Die Bereitstellung von Kälte für industriell genutzter Kälte und Lebensmittelkühlung verschlingt darüber hinaus fast drei mal soviel Energie (ca. 58 TWh).
Kühlung in Deutschland macht bereits etwa 15% des gesamten Stromverbrauchs aus. Daher können solar unterstützte Kältemaschinen überall auf der Welt gigantische Mengen an Energie einsparen. Typisch ist der Einsatz von größeren Anlagen für große Gebäude. Eine der weltweit größten Anlagen hat Ritter XL Solar auf dem Dach der Firma Festo installiert. Dort sind auf dem Dach eines Gebäudes 1330 m² Vakuumröhrenkollektoren installiert. Diese liefern jährlich über eine halbe Millionen Kilowattstunden (kWh) Wärme, die im Sommer zur Kühlung und im Winter zur Beheizung von über 25.000 m² Bürofläche genutzt werden. Im Sommer nutzt eine Adsorbtionskälteanlage, um die Wärme in Kälte zu verwandeln. Bezogen auf den Wärmebedarf des Unternehmens an dem Standort sind das im Jahresdurchschnitt unter 10%. In den Sommermonaten wird eine solare Deckung von bis zu 25% erreicht.
Sonnennetz
Solarthermie kann auch in Nah- oder Fernwärmenetze einspeisen. Großflächige Solarthermieanlagen, die für lokale Wärmenetze mit Sonnenenergie Warmwasser erzeugen, sind in Dänemark weit verbreitet. In Deutschland ist das sehr selten. Die Fernwärmenetze werden meist mit sehr hohen Temperaturen betrieben, die mit Solarenergie nicht kostengünstig genug erzeugt werden können. Darüber hinaus nutzen die Betreiber der Netze als Wärmequelle häufig Abwärme aus größeren Kraftwerken mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), die im Sommer im Überfluss zur Verfügung steht. Die Option die KWK-Anlagen im Sommer ganz abzuschalten, besteht meist nicht, weil die Erzeugungsleistung auch für andere Energiebedarfe zur Verfügung stehen muss. Für kleine, dezentrale Nahwärmenetze gilt dies aber nicht. Das hat auch die Firma Solar Complex erkannt und hat 2012 in ihr Nahwärmenetz in Büsingen in Baden-Württemberg eine Freiflächen-Solarthermieanlage mit über 1000 m² Kollektorfläche eingebaut.
Noch ein wenig größer ist die 1348 m² Anlage auf dem „Energiebunker“ in Hamburg-Wilhelmsburg, die 2013 im Rahmen der Internationalen Bauausstellung errichtet wurde. Unter der Anlage im ehemaligen Hochbunker befindet sich ein 2000 Kubikmeter (m³) großer Pufferspeicher. Wärme aus der Solarthermieanlage, die nicht sofort in das Fernwärmenetz fließen kann, wird dort zwischengespeichert. Noch nicht ganz so weit sind die Stadtwerke Düsseldorf, die im Mai 2015 ein Forschungsprojekt gestartet haben, das Lösungen für die Einspeisung in größere Netze erabeiten soll.